Kurier – Schnörkellos

Geben Sie einem Kind ein Blatt Papier gemeinsam mit dem Auftrag, ein Haus zu zeichnen. Eine Tür, zwei Fenster, ein Giebel und fertig. Aber was, wenn es stattdessen ein Quadrat skizziert? Vielleicht stehen Sie dann ja vor einem angehenden Bauhaus-Experten. Gerade, funktionale Formen, nüchterne Stahlrohrmöbel und weiße Würfel-Architektur – so ist die Schule, die sich unter anderem für die Emanzipation des Kunsthandwerkes stark machte, in Erinnerung geblieben. Zum 90. Geburtstag schwang sie sich zu neuer Berühmtheit auf und scheint gefragter denn je. „Als wir 2002 begonnen haben, war das noch nicht so. Jetzt versuchen viele, dieses Moderne aufzugreifen“, erzählt Alexander Feige vom Wiener Büro DOMIZIL, das sich mit seiner Architektur auf den prominenten Stil besinnt. Bevorzugt in exklusiveren Vierteln wie Klosterneuburg, Breitenfurt oder Wien-Hietzing sind die bisherigen „Bauhäuser“ zu finden.

So elitär, wie die Weimarer Kunstschule zur Zeit ihrer Entstehung galt, scheint auch die Optik der Entwürfe ihrer Erben. Schlichte kubische Formen, reduzierte, schnörkellose Innenraumgestaltung, beneidenswerte Terrassen-Landschaften und die Dominanz der Farbe Weiß sorgen für die Art von Luxus-Flair, der schnell in der Schublade: „Träum weiter“ verschwindet.

Aber was edel aussieht, muss nicht unbedingt unerschwinglich sein, betont Feige: „Die Architektur an sich ist ja nicht teurer. Ich traue mich zu wetten, dass wir mit anderen Anbietern jederzeit mitkönnen – man muss nur auch die Leistungen vergleichen. Wir bieten unseren Kunden entsprechend den Anforderungen einen Fixpreis an“. Abhängig von der Ausführung liegt der belagsfertige Quadratmeterpreis der Bauhaus-Planer bei durchschnittlich 1800 Euro. Trotz der Leichtigkeit des Scheins wird hier auf massive Baustoffe und Marken, wie etwa Wienerberger Ziegel oder Josko, gesetzt.

Gemeinsam mit Alexandra Flekal, gründete Alexander Feige im Jahr 2005 DOMIZIL. Was das Büro von anderen unterscheiden soll, ist neben der erklärten Vorliebe für das Schlichte der ganzheitliche Ansatz. Von der Grundstückssuche, über Planung und Bauaufsicht bis hin zur Gartengestaltung und Einrichtung reicht das Aufgabenspektrum der Planer, die zugleich Bauträger sind. „Wir haben zuerst für Firmen die Generalplanung für Dachausbauten oder Einfamilienhäuser gemacht, jetzt bieten wir eigene Projekte an“, erklärt Feige.

In strahlendes Weiß ist das moderne Haus in Mauerbach gehüllt. Nur durch eine Glastür abgetrennt fließen Innen – und Außenbereich scheinbar übergangslos in einander über. Der dunkle Holzboden unterstützt die nüchterne, aber trotzdem einladende Optik der fast 90 Quadratmeter großen Terrasse. Sogar der spitze Giebel, der eigentlich so gar nicht Bauhaus ist, fügt sich hier harmonisch ins Bild ein. „Eigentlich ist ein Satteldach ja nicht unbedingt modern, aber wir haben uns mit den Materialien, den grauen Eternitplatten, beholfen“, erklärt der Architekt. Durch die fünf Meter hohe Decke ist so im Obergeschoß ein loftartiger Wohnraum entstanden. Die Wälder vor den Fenstern, scheinen das Gebäude fast zu umschließen.

„Wir planen und bauen mit der Landschaft, nicht gegen sie“, erklärt Alexandra Flekal die Wichtigkeit des Zusammenspiels von Architektur und Natur.

Damals wie heute spaltet Bauhaus-Architektur die Geister. Die einen lieben den ruhigen Look, der seinen Bewohnern großzügig gestalterischen Spielraum lässt, den es individuell mit Leben zu füllen gilt. Anderen sind die unromantischen Kuben, die in ihrer strikten Formensprache in der Vergangenheit nicht immer mit Praxistauglichkeit gleichzusetzen waren, zu kühl und unpersönlich. Aber egal, wie man dazu steht, der Beitrag, den Großmeister wie Gropius, Mies van der Rohe oder Albers für unser vermeintlich modernes Design geleistet haben, bleibt unbestritten – und die Fußstapfen, in die es zu treten gilt, sind dementsprechend riesig. Doch das schreckt die Planer von DOMIZIL nicht ab: „Wir sehen unseren Stil auch als Weiterentwicklung und Neuinterpretation des Bauhaus“, erklärt Feige die große Mission.

„So was in die Richtung“

Alexander Feige, Geschäftsführer des Wiener Büros DOMIZIL, über Bauhaus-Imitationen und persönliche Vorbilder. Funktionelle und schlichte Entwürfe scheinen in den vergangenen Jahren wieder modern geworden zu sein. Warum springen so viele auf den Bauhaus-Zug auf?

Das ist eigentlich ganz witzig, dass jetzt viele versuchen, das Moderne – wenn man es so nennen will – aufzugreifen. Leider hinkt das Resultat aber oft nach, weil der gesamtheitliche Gedanke, die Idee und der Zugang fehlen. Das sieht man den Projekten oft auch an, dass jemand, der in den letzten fünf Jahren konventionelle Durchschnittshäuser gebaut hat, sich jetzt denkt: „Mach´ma doch auch so was in die Richtung“.

Gibt es neben dem Bauhaus-Stil noch andere gestalterische Vorbilder für Sie?
Persönlich gefällt mir beispielsweise Gaudi sehr gut. Das ist zwar ein sehr großer Unterschied zu Bauhaus, hat mich aber in Barcelona von der Architektur her sehr beeindruckt. Ansonsten inspiriert mich aber wirklich eher das Einfache. Unser gemeinsames Interesse für den schlichten Bauhaus-Stil war ja von vornherein klar. Auch unsere Kunden sprechen uns ja genau deshalb an, weil sie von diesem Stil so begeistert sind. Natürlich ist es so, dass wir nicht die breite Masse abdecken, aber das ist auch bewusst so. Wir orientieren uns an der Umgebung und entwickeln für und mit unseren Kunden Unikate, die so einzigartig sind wie ihre Bewohner.